Schritt für Schritt schafft sich der Rechtsstaat in Italien ab
von Andreas Leiter Reber
Jede Verwaltungseinheit ob Gemeinde, Region oder Staat kann nur funktionieren, wenn innerhalb ihrer Grenzen die gleichen Regeln und Gesetze gelten. Unsere Form des Sozialstaates war darauf ausgerichtet die wirtschaftliche Sicherheit in Form von Arbeit und Selbständigkeit zu fördern und soziale Gegensätze innerhalb der Gesellschaft auszugleichen. Wir vergessen oft, dass sich unser Rentensystem, unser Gesundheitswesen und die Sozialhilfen durch die arbeitende, dienstleistende, produzierende und steuerzahlende Bevölkerung speisen.
Die unkontrollierte Zuwanderung kann daher niemals getrennt von unserem Sozial- und Wirtschaftssystem seriös betrachtet werden und darf schon gar nicht mit dem geltenden Asylrecht verwechselt werden.
Schon im April hat die italienische Regierung die Corona-Pandemie dazu missbraucht, um bestehendes Unrecht zu legalisieren und 200.000 Erntehelfern ohne Aufenthaltsrecht zu einem Aufenthaltsrecht zu verhelfen. Anstatt die Großgrundbesitzer und Ausbeuter in Süditalien zur Rechenschaft zu ziehen, ihre Machenschaften zu verurteilen und die illegalen Einwanderer auszuweisen, wurde diese mehrfachen Rechtsbrüche einfach legalisiert – die Tomatenmafia dankt!
Diese jüngste Sanierung von illegalen Migranten zieht ihren Rattenschwanz auch durch Südtirol. Alle, welche kein Aufenthaltsrecht haben, können nun ihren Status legalisieren, wenn sie einen kurzzeitigen Arbeitsvertrag als Haushaltshilfe, Erntehelfer oder „Badante“ vorweisen können. Der Missbrauch und „Kauf“ von solchen Aufenthaltsrechten ist somit vorprogrammiert. Wie groß die Magnetwirkung dieser Regelung bereits ist, verdeutlicht sich an der hohen Zahl der 1.300 Antragsteller in Südtirol: Ganze 98 Prozent der Antragsteller geben an, als Haushaltshilfen tätig zu sein. Interessanterweise weist die große Mehrheit ihrer Arbeitgeber dieselbe Staatsbürgerschaft eines Nicht-EU-Landes auf, wie der Antragsteller selbst. Das heißt in der Praxis, dass z.B. ein Pakistani mit einem derzeitigem Aufenthaltsrecht seinem illegal eingewanderten Freund, Familienmitglied oder „Kunden“ für drei Tage als Haushaltshilfe meldet und somit ein Aufenthaltsrecht ermöglicht. Der Arbeitgeber kann dabei ohne weiteres in Bari oder Lampedusa sitzen und dem in Südtirol ansuchenden Migranten für ein paar Tage als Haushaltshilfe melden. Wenn die „Marie“ stimmt, lassen sich bestimmt genügend Arbeitgeber finden, die kurzfristig eine oder mehrere Haushaltshilfen benötigen.
Die ganze Aktion scheint ein schlechter Versuch der italienischen Regierung zu sein, unter dem Vorwand die Schattenwirtschaft und Ausbeutung einzudämmen, den eigenen Kontrollverlust über die völlig aus dem Ruder gelaufene Einwanderungspolitik kaschieren zu wollen. Denn die Zahlen der anwesenden illegalen Migranten werden – welch Wunder – plötzlich um einige Prozentpunkte zurückgehen. Und wir in Südtirol sind leider wie so oft schon mittendrin statt nur dabei.
Abgesehen von der Aufgabe der Rechtsstaatlichkeit ist es geradezu absurd, bei unseren derzeitigen Herausforderungen und einem geschrumpften Landeshaushalt, rechtswidrig einwandernden Personen zu einem billigen Aufenthaltsstatus und damit gleichzeitig zum Zugang zu unseren Sozialkassen zu verhelfen. Spielt unsere Landesregierung dieses römische Trauerspiel sang und klanglos mit, macht sie sich zum willfährigen Handlanger. Sie macht sich auch zum Erfüllungsgehilfen derer, welche die undifferenzierte und illegale Einwanderung seit Jahren ohne Rücksicht auf die Bedürfnisse der Bevölkerung und unserer Verwaltungseinheiten – Staat, Land und Gemeinden – vorantreiben wollen.
Landeshauptmann Arno Kompatscher, die gesamte Landesregierung und unsere Vertreter in Rom müssen dieses Staatsversagen endlich zum Anlass nehmen, um auf die Erlangung von primären Zuständigkeiten in der Einwanderungsfrage zu pochen. Über eine geregelte und kontrollierte Einwanderungspolitik zu verfügen, wird ein entscheidender Faktor dafür sein, ob wir unser Sozial- und Gesundheitswesen, unsere Bildungslandschaft sowie unseren Wirtschaftsstandort absichern können oder nicht. Mittelfristig sind unsere derzeitige Autonomie und der Weg in die Selbstverwaltung ebenso davon abhängig.