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Corona und die GIS-Befreiung

von Andreas Leiter Reber

Mal abgesehen davon, dass die Gemeindeimmobiliensteuer GIS grundsätzlich auf den Prüfstand gehört, müssen öffentliche Hilfen, wie die jüngste Befreiung der GIS, allen von der Corona-Krise geschädigten Branchen gleichermaßen zugutekommen. Es steht außer Frage, dass Steuererleichterungen die Konjunktur ankurbeln und mit dazu beitragen, die negativen Auswirkungen der Wirtschaftskrise zu mildern. Das Land Südtirol erlässt nun allen Tourismusbetrieben kollektiv 50 Prozent der GIS und ebenso allen anderen Unternehmen, sofern sie coronabedingt 20 Prozent Umsatzeinbußen vorzuweisen haben. Italien befreit jedoch bereits alle Tourismusbetriebe von 50 Prozent der GIS-Abgaben, was bedeutet, dass Tourismusbetriebe durch die zusätzliche Landeshilfe nun völlig befreit sind. Alle anderen Südtiroler Unternehmen, welche genauso hart von der Corona-Krise getroffen wurden, haben diese Möglichkeit nicht, denn ihnen werden lediglich die vom Land gewährten 50 Prozent der GIS-Gebühren erlassen.

Es geht mir nicht darum irgendeine Neiddebatte anzuzetteln, aber Corona-Hilfen durch die öffentliche Hand sollten für alle geschädigten Branchen gleich gewährt werden und vor allem bei jenen ankommen, die sie am Dringendsten benötigen. Wenn Südtirol nun allen Betrieben – inklusive Tourismus und Gastgewerbe – 50 Prozent der GIS erlässt, mag das im ersten Moment ausgewogen erscheinen, aber wenn Italien dieser einen Branche bereits 50% erlassen hat, entsteht unweigerlich ein Ungleichgewicht, das nur schwer zu rechtfertigen ist.
Bereits bei den bisherigen Hilfsmaßnahmen hat es die Landesregierung nicht geschafft, differenzierte Hilfen zu gewährleisten und Ungleichbehandlungen zu vermeiden. Viele Jungunternehmer, Saisonarbeiter und Familien sind auf der Strecke geblieben. Eine allgemeine Befreiung der GIS für geschädigte Unternehmen und Arbeitnehmer wäre eine weitere und auch richtige Maßnahme, doch der jüngste Beschluss der Landesregierung schafft einmal mehr ungleiche und einseitige Maßstäbe: Alle Tourismusbetriebe, ganz unabhängig davon, ob sie von der Wintersaison leben und keine massiven Verluste im März und April gehabt haben oder nicht, werden völlig von der GIS befreit. Handels- und Dienstleistungsunternehmen, die mitunter sehr stark getroffen wurden, haben weiterhin 50 Prozent der Gebühren zu bezahlen.

Die Landesregierung hätte die Gelegenheit nutzen und für einen Ausgleich und eine lokale Nachbesserung sorgen können, zumal für den wichtigen Südtiroler Tourismussektor ja noch viel größere und bei weitem bedeutendere Förderungen anstehen und zu ergreifen sind als die bloße GIS-Reduzierung. Ausgleich durch das Land bedeutet entweder ein 50%iger Erlass für alle Branchen, ausgenommen des Tourismus dem dies bereits vom Staat erlassen worden ist oder 50 Prozent für den Tourismus und 100 Prozent für die anderen Branchen, gerne mit dem Nachweis des effektiven Umsatzrückgangs.

Anscheinend hat die Landesregierung aus den Fehlern und Unzulänglichkeiten ihrer bisherigen Hilfsmaßnahmen nichts gelernt, und anstatt wenigstens jetzt umzudenken und die Voraussetzungen für eine treffsichere und gerechte Entlastung der Unternehmen zu schaffen, werden neue einseitige Maßnahmen erlassen. Aufgrund der fehlenden Finanzautonomie und Steuerhoheit sind unsere Möglichkeiten Maßnahmen über das Steuersystem zu ergreifen eh schon äußerst eingeschränkt. Gerade dieser enge Handlungsspielraum sollte die Landesregierung wenigstens moralisch dazu verpflichten Südtirols Bürger und geschädigte Unternehmen so gewissenhaft und gerecht wie möglich zu entlasten.

Andreas Leiter Reber, Coronakrise, Freigeist, Gemeindeimmobiliensteuer
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