Quod licet Jovi, non licet bovi!
Die Corona-Krise treibt seltsame Blüten. Jenseits aller wissenschaftlichen Erkenntnissen, pseudowissenschaftlichen Abhandlungen und Verschwörungstheorien offenbaren sich im täglichen Leben menschliche Schwächen und Unzulänglichkeiten. Da vergisst schon einmal ein Politiker, die Maske aufzusetzen, die er den Bürgern verordnet hat. Da “verplaudert” in Österreich der Bundespräsident die Sperrstunde und der Bundeskanzler sonnt sich ohne Mund- und Nasenschutz in der Volksmenge. In Südtirol sind Landesräte und Bürgermeister dadurch aufgefallen, dass sie sich ebenfalls nicht an die von der Politik verfügten Verordnungen gehalten haben. In all diesen Fällen geht es nicht um Denunziantentum, das leider auch grassiert, sondern um Personen des öffentlichen Lebens, die dargestellt werden oder sich selbst darstellen (z. B. persönliche Facebook-Einträge). Über die Lockerungen der strengen Verhaltensregeln dürfen sich alle freuen, aber für alle müssen dieselben Regeln gelten. Ja, jene, die sie verordnet haben, müssen sie als erste befolgen. Früher hätte man gesagt, sie müssen mit gutem Beispiel vorangehen.
Bei den alten Römern galt der Spruch: “Quod licet Jovi non licet bovi.” Was dem Jupiter erlaubt ist, ist dem Ochsen (Rindvieh) nicht gestattet. Sinngemäß stand Gott Jupiter für Kaiser oder privilegierte Personen, Rindvieh für die Bürger. Dass sich Privilegierte von Strafen loskaufen konnten, ist ebenfalls überliefert. Nihil novi sub sole – nichts Neues unter der Sonne, fällt mir dazu ein.
Pius Leitner