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Stellungnahme von Obmann Andreas Leiter Reber zur „Alto Adige“-Debatte

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Stellungnahme von Obmann Andreas Leiter Reber zur „Alto Adige“-Debatte gegenüber dem Bundesobmann des Andreas Hofer Bundes e.v., Hermann Unterkicher, zum Nachlesen:

Sehr geehrter Bundesobmann des Andreas Hofer-Bundes e.V., lieber Hermann Unterkircher!

Nachdem Sie in Ihrem gestrigen Rundbrief offensichtlich eine Verständnisfrage stellen, die ich Ihnen selbstverständlich auch tags zuvor bei der Kerschbaumer-Gedenkfeier persönlich beantwortet hätte, will ich Ihnen als Parteiobmann jener Südtiroler Freiheitlichen, die sich ihrer Meinung nach „sonst so heimattreu geben“, sehr gerne schriftlich antworten. Gleichzeitig bitte ich Sie um eine Richtigstellung, da Sie leider eine Falschinformation verbreiten.

Zur Erinnerung: Im Südtiroler Landtag wurde das sogenannte Europagesetz behandelt, welches unter anderem den für die Berufsniederlassung von Bürgern aus anderen EU-Ländern und autonomiepolitisch äußerst relevanten Artikel zu den notwendigen Sprachkenntnissen enthält (wonach z.B. Ärzte auf dem Gebiet Südtirols diesen Nachweis nicht nur in Italienisch, sondern auch in Deutsch ablegen können). In der italienischen Fassung des Gesetzes wurde für „Südtirol“ die Bezeichnung „Alto Adige“ verwendet. Um den historisch und politisch aufgeladenen Begriff in öffentlichen Akten möglichst zu vermeiden, hat die Abgeordnete Atz Tammerle einen Änderungsantrag gestellt, um ihn mit „provincia autonoma di Bolzano“ auszutauschen. Mehrheitlich wurde dieser Änderung zugestimmt, auch mit den Stimmen der Freiheitlichen. Die anschließende politische und mediale Verzerrung dieses Umstandes führte zur völlig falschen Annahme, dass die Nichtverwendung von „Alto Adige“ in diesem einen Gesetzestext einer generellen amtlichen Streichung des Begriffes oder gar einer offiziellen Umbenennung gleich käme.
Würde die bloße Verwendung eines Begriffes in den vom Südtiroler Landtag verabschiedeten Gesetzen ausreichen, um damit ihre Amtlichkeit zu erreichen, wären gemäß dieser Logik schon längst alle historisch gewachsenen deutschen und ladinischen Ortsnamen amtlich, da sie in unseren Gesetzestexten ständig verwendet wurden und werden.
Wie Sie aber bestimmt wissen, ist eine offizielle Änderung der Landesbezeichnung nur auf Verfassungsebene möglich (2001 wurde erstmals die Bezeichnung „Südtirol“ in der italienischen Verfassung festgehalten).

Mit der bewusst falsch kommunizierten Botschaft, „Alto Adige“ wäre nun per Gesetz gestrichen worden, konnten sich italienische Nationalisten und ihre politischen Vertreter besonders „heimattreu“ aufspielen und haben eine Rückkehr zur ursprünglichen Fassung gefordert. Mindestens ebenso „heimattreu“ haben einige deutsche Südtiroler feierlich die Botschaft verkündet „Alto Adige“ sei nun endlich offiziell gestrichen und verbannt worden. Diese oberflächliche und verkürzte Diskussion über die Amtlichkeit des Begriffes „Alto Adige“ ist jenes faule Wasser auf die jeweiligen „heimattreuen“ Mühlen, welches leider dazu führt, dass wir in absehbarer Zeit wohl keine amtliche und echte Lösung für eine sprachlich und historisch vertretbare italienische Bezeichnung – wie sie „Sudtirolo“ darstellen würde – finden werden.

Bei der zweiten Abstimmung im Südtiroler Landtag zu besagtem Europagesetz (30 Ja, 2 Enthaltungen, 2 Nein), wo in der italienischen Fassung wieder der Ursprungstext samt A.A. verwendet wurde, haben wir Freiheitlichen Abgeordneten nicht, wie Sie leider fälschlicherweise behaupten, mit „Ja“ gestimmt, sondern wir haben uns der Stimme bewusst enthalten. Warum? Weil wir mit dieser relativ unerwarteten Enthaltung aufzeigen konnten, dass es sich bei diesem Gesetz nicht um die Einführung oder Abschaffung einer Landesbezeichnung handelt, denn einige hätten sich wohl – so wie Sie – nach den tumb und inhaltlich falsch geführten Diskussionen, ein „Ja“ der Freiheitlichen erwartet. Zum einen wollen wir bei einer solch unseriösen Verdrehung der gesetzlichen Lage nicht mitspielen und zum anderen können wir ganz einfach nicht gegen ein Gesetz stimmen, welches die für Südtirol so wichtige Anerkennung der deutschen Sprache bei der Eintragung in die Südtiroler Berufskammern absichern soll. Zwischen „sich heimattreu geben“ und „heimattreu sein“, besteht wahrlich ein Unterschied – aber diese Differenzierung überlasse ich gern den im Ausstellen von Heimattreue-Zeugnissen erprobteren Zeitgenossen.

Dem Südtiroler Landeshauptmann Kompatscher und der Landesregierung mache ich nicht den Vorwurf für ein autonomiepolitisch wichtiges Gesetz gestimmt zu haben, sondern dass er das bereits genehmigte Gesetz erneut in den Landtag gebracht hat und damit jene Kräfte in ihrem Glauben bestärkt, es wäre in diesem Gesetz tatsächlich um die offizielle Abschaffung oder Einführung der Bezeichnung „Alto Adige“ gegangen.

Mit der Bitte um Richtigstellung in Form einer vollinhaltlichen Weiterleitung des gegenständlichen Schreibens über ihren E-Mail-Verteiler, wünsche ich Ihnen weiterhin viel Schaffenskraft und Freude bei der Umsetzung ihres Vereinsstatus und der „parteipolitisch neutralen Unterstützung der Südtiroler Volksgruppe in ihrem Streben nach Erlangung des Selbstbestimmungsrechtes“, und verbleibe mit vorweihnachtlichen Grüßen aus dem schönen Tiroler Burggrafenamt,

Andreas Leiter Reber

Andreas Leiter Reber, Autonomie und Eigenstaatlichkeit, Offener Brief, Toponomastik
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